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Zugewinnausgleich nach einer Scheidung

Wenn es zu einer Scheidung kommt, herrscht bei den betroffenen Ehepartner in der Regel Unklarheit über die mit der Scheidung verbundenen Konsequenzen. Das betrifft unter anderem das Thema Zugewinnausgleich.

Auf dieser Seite finden Sie alle Informationen, die Sie zu den Themen Zugewinngemeinschaft und Zugewinnausgleich nach einer Scheidung wissen müssen.

Inhalt

1. Was ist eine Zugewinngemeinschaft?

Die Zugewinngemeinschaft ist der im Familienrecht (BGB) gesetzlich geregelte Güterstand für Ehegatten und eingetragene Lebenspartner nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG).

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Ein Güterstand regelt, ob Vermögensgegenstände dem Ehegatten alleine oder beiden gemeinsam zuzurechnen sind und ob bzw. wie bei einer Trennung und Scheidung gemeinsames Vermögen bzw. Vermögenszuwächse zu verteilen sind.

Ein Güterstand regelt - kurz gesagt - Vermögensbeziehungen zwischen Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartnern.

Im folgenden Text ist von „Ehegatten“ und „Ehe“ die Rede. Die Ausführungen gelten auch für eingetragene Lebenspartner und eingetragene Lebenspartnerinnen nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG) und die eingetragene Lebenspartnerschaft.

a) Entstehung und Beendigung der Zugewinngemeinschaft

Wenn Ehegatten in einem Ehevertrag keinen abweichenden Güterstand vereinbaren, leben sie automatisch im Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Eine Ehe ohne Güterstand ist nicht möglich.

Das Familienrecht kennt noch drei weitere Güterstände: die Gütertrennung, die Gütergemeinschaft und den deutsch-französischen Güterstand. Diese drei Güterstände müssen zwingend vertraglich vereinbart werden. Sie treten nicht automatisch mit der Eheschließung ein.

Die Zugewinngemeinschaft beginnt mit der Heirat und endet durch rechtskräftiges Scheidungsurteil oder rechtskräftigen Scheidungsbeschluss bzw. rechtskräftiges Urteil auf vorzeitigen Zugewinnausgleich. Auch mit dem Tod eines Ehepartners endet die Zugewinngemeinschaft.

Die Zugewinngemeinschaft kann zudem durch eine vertragliche Aufhebung in einem notariellen Ehevertrag bzw. einer Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung enden. Generell kann man sagen, dass geschiedene oder verwitwete Ehegatten nicht mehr in einer Zugewinngemeinschaft leben.

Das Vorhandensein einer Zugewinngemeinschaft wird von den meisten Ehegatten bei der Heirat (es sei denn, sie sind anwaltlich beraten worden) oder im Laufe einer intakten Ehe nicht bemerkt. Das Standesamt verliert in der Regel kein Wort über einen Güterstand oder die Zugewinngemeinschaft.

b) Zugewinngemeinschaft und Schulden

Zugewinngemeinschaft heißt nicht, dass sich die Vermögensmassen der Eheleute vereinen. Im Gegenteil: bei einer Zugewinngemeinschaft bleiben die Vermögensmassen der Eheleute auch während der Ehe weiterhin getrennt.

Jeder Ehegatte bleibt auch während der Ehe Alleineigentümer seiner Immobilien, seiner Bankkonten, seines Besitzes und verwaltet dieses Vermögen natürlich eigenständig. Ausnahmen bestehen, wenn die Ehegatten gemeinsam eine Immobilie erwerben oder gemeinsam ein Konto eröffnen. Dann gehört die Immobilie oder das Konto beiden gemeinsam.

Da das Vermögen der Ehegatten bei der gesetzlichen Zugewinngemeinschaft in der Ehezeit getrennt ist, haftet auch jeder Ehegatte alleine für seine eigenen Schulden. Der andere Ehegatte haftet nicht automatisch für die Schulden des anderen mit, bloß weil er geheiratet hat. Gemeinsame Schulden bei Ehegatten entstehen durch den Abschluss gemeinsamer Kreditverträge. Weiterhin dadurch, dass ein Ehegatte für den anderen gebürgt hat.

Eheleuten ist zu raten, nur dann gemeinsam Kreditverträge abzuschließen, wenn beide das finanzielle Risiko eingehen und abschätzen können. Es ist nicht notwendig, dass verheiratete Menschen Kreditverträge zwingend gemeinsam abschließen.

Auch ein verheirateter Mann oder eine verheiratete Frau bekommt als Alleinschuldner einen Kreditvertrag bei der Bank. Für Banken ist es nur praktischer, zwei Schuldner zu haben, da sie dann die Kreditsumme von zwei Menschen und nicht nur von einem fordern können.

Es ist davon abzuraten, ohne vorherige genaue Prüfung für den Ehegatten zu bürgen. Bürgen sollte man generell nur, wenn man sicher ist, dass man die gesamte zu schuldende Summe auch wirklich aufbringen kann. Eheleute sollten überlegen, ob sie den Partner einem solchen wirtschaftlichen Risiko aussetzen wollen.

c) Zugewinngemeinschaft und Verfügung über das Vermögen im Ganzen

Die Zugewinngemeinschaft wird in der intakten Ehe und ohne Trennung relevant, wenn ein Ehepartner über einen Großteil seines Vermögens alleine verfügen will. Wenn beispielsweise ein Ehepartner eine ihm allein gehörende Immobilie, die im Wesentlichen sein Vermögen darstellt, verkaufen will, muss der andere Ehegatte zustimmen.

Hintergrund der Regelung ist, dass ein verheirateter Mensch  nicht sein Vermögen hergeben soll, denn dieses Vermögen kann Grundlage der Ehe und der Familie sein. Der Begriff des „Vermögens im ganzen“ ist definiert als rund 85 % bis 90 % des Vermögens. Wenn jemand also mehrere Immobilien besitzt und eine davon verkauft, dann handelt es sich bei dieser einen Immobilie nicht um das Vermögen im Ganzen.

Im Übrigen dürfen auch Haushaltsgegenstände nur mit Zustimmung des anderen Ehegatten veräußert werden. Auch hier könnte die Lebensgrundlage der Familie vom Verkauf betroffen sein. Diese Vorschrift hat allerdings der Praxis geringere Relevanz.

2. Zugewinnausgleich: Was ist das?

Kurz gesagt: Wer sich scheiden lässt und in der Ehe im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt hat, kann von seinem dann geschiedenen Ehepartner die Hälfte des während der Ehe erwirtschafteten Vermögenszuwachs verlangen.

Frei gesagt: Jeder Ehegatte soll die Hälfte von der ehezeitlichen (von der Heirat bis zur Scheidung – nicht davor und nicht danach!!!) Vermögensmehrung bekommen.

Voraussetzung ist, dass die Ehepartner in einer Zugewinngemeinschaft gelebt haben und diese nicht durch einen Ehevertrag z.B. in eine Gütertrennung umgewandelt haben. Daher sollte vor Geltendmachung eines Zugewinnausgleichs immer geprüft werden, ob eine notarvertraglich anderslautende Regelung besteht.

In einer Ehezeit von in der Regel mehreren Jahren oder Jahrzehnten haben in den meisten Fällen beide Ehepartner oder zumindest einer von ihnen Vermögen hinzugewonnen. Bei dem Vermögen kann es sich um Immobilien, Bankguthaben, Aktiendepots, Lebensversicherungen, Gemäldesammlungen, Schmuck, Firmenbeteiligungen, etc. handeln. Man bezeichnet positive Werte, zum Beispiel eine unbelastete Immobilie, als Aktiva oder Aktivwert.

Der Zugewinnausgleichsanspruch ist ein Anspruch auf eine Geldsumme.  Ein Ehepartner kann nicht vom anderen verlangen, dass ihm oder ihr z.B. eine Immobilie übertragen wird oder ein bestimmtes Bankkonto.

Um den Zugewinnausgleich zu ermitteln, müssen beide Eheleute einzeln eine Aufstellung ihres Vermögens am Tag der Heirat machen und eine Aufstellung am Tag, an dem der Scheidungsantrag zugestellt worden ist. Man nennt das Anfangsstichtag und Endstichtag.

Am Anfangsstichtag wird das Anfangsvermögen und am Endstichtag das Endvermögen des Ehemannes oder der Ehefrau ermittelt. In dieser Aufstellung sind alle Vermögensgegenstände einzeln zu benennen und zwar mit ihrem Aktivwert und mit den Belastungen oder Schulden.

Beispiel: Ist eine bei der Trennung vorhandene Immobilie mit einem Verkehrswert von 300.000,00 EUR  noch mit 100.000,00 EUR belastet, dann sind 300.000,00 EUR als Aktivwert in die Auflistung des Endvermögens einzustellen und 100.000,00 EUR als Abzugsposition (Passivwert).

Exkurs: Warum hat der Gesetzgeber den Zugewinnausgleich im Familienrecht verankert?

Die Vorschriften zum Güterrecht sind alle schon etwas älter und der Gesetzgeber ging davon aus, dass in der traditionellen Familie ein Ehepartner der Alleinverdiener ist und das Vermögen erwirbt und der andere Ehepartner zu Hause die Kinder betreut und nichts dazu erwirbt.

im ehevertrag kann der zugewinnausgleich modifiziert oder ausgeschlossen werden. das verhindert konflikte.
Im Ehevertrag kann der Zugewinnausgleich modifiziert oder ausgeschlossen werden. Das verhindert Konflikte.

Wenn diese Ehe danach 10 oder 20 Jahren geschieden wird, soll der Ehegatte, der die Kindererziehung übernommen hat, von dem Vermögenszuwachs des anderen Ehegatten etwas bekommen.

Dadurch sollen die Erwerbsarbeit und die Familienarbeit gleichgestellt werden.

Ich gebe zu bedenken, dass dieses Familienmodell heute in vielen Fällen nicht mehr gelebt wird, da beide Ehepartner berufstätig sind und sich die Kindererziehung teilen.

Daher gilt es immer zu überlegen, ob nicht ein Ehevertrag sinnvoll ist, in dem der Zugewinnausgleich zumindest modifiziert, wenn nicht ganz ausgeschlossen wird.

3. Wer hat einen Anspruch auf einen Zugewinnausgleich?

Einen Anspruch auf die Durchführung des Zugewinnausgleichs haben Ehegatten, die in der gesetzlichen Zugewinngemeinschaft leben und diese nicht ehevertraglich ausgeschlossen haben. Ein Zugewinnausgleich kann dann verlangt werden, wenn der Güterstand beendet ist, d.h. in der Regel, wenn ein rechtskräftiges Scheidungsurteil vorliegt und dies auch beiden Ehegatten bekannt gegeben wurde.

Jeder Ehegatte kann –unabhängig vom Wunsch des anderen- den Zugewinnausgleich verlangen. Die Ehegatten müssen den Zugewinnausgleich nicht beide wollen. Jeder kann ihn erzwingen, es sei denn, beide Ehegatten sind nachweislich gänzlich vermögenslos.

Auskunft über Anfangs- und Endvermögen kann schon vor dem eigentlichen Scheidungstermin verlangt werden, in der Regel kurz nach der Zustellung des Scheidungsantrages an den anderen Ehegatten.

4. Wie kommt es zum Zugewinnausgleich?

Der Zugewinnausgleich wird nicht automatisch vom Familiengericht durchgeführt. Wenn keiner der Ehegatten bei der Scheidung einen Zugewinnausgleich bei Gericht beantragt, wird das Gericht sich nicht damit befassen. Man spricht dann von einer sog. gerichtlichen Folgesache zur Scheidung, eben der Folgesache Zugewinnausgleich.

Es ist nicht zwingend notwendig, direkt einen Antrag zum Familiengericht auf Ausgleich des Zugewinns zu stellen. Vielmehr können die Eheleute zunächst außergerichtlich und in persönlichen Gesprächen versuchen, den Zugewinn zu ermitteln und das Vermögen aufzuteilen. Das ist meistens auch kostensparender. Beide können sich gegenseitig eine Vermögensaufstellung geben und sehen, wer in der Ehezeit einen Vermögenszuwachs gemacht hat.

Derjenige mit dem größeren Vermögenszuwachs kann dem anderen Ehegatten davon die Hälfte abgeben. Nicht selten wird der Zugewinnausgleich gar nicht dem Gericht angetragen, sondern in einer Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung zwischen den Ehegatten geregelt. Das ist in den allermeisten Fällen auch der schnellere, streitärmere und kostengünstigere Weg.

5. In welchen Fällen findet kein Zugewinnausgleich statt?

Wenn kein Ehegatte den Zugewinnausgleich verlangt, dann wird er auch nicht durchgeführt. Es gibt geschiedene Ehegatten, die befassen sich nicht damit und lassen den Zugewinnausgleichsanspruch verjähren.

In manchen Fällen ergibt sich rein rechnerisch kein Zugewinnausgleich, wenn klar ist, dass keiner der Ehepartner während der Ehe Vermögen hinzugewonnen oder eigene Schulden bezahlt hat. Wenn die Eheleute bei der Heirat kein Vermögen hatten und bei der Scheidung kein Vermögen haben, dann ist ein Zugewinnausgleich rein rechnerisch nicht möglich.

Ein Zugewinnausgleich findet auch nicht statt, wenn die Eheleute eine Gütertrennung in einem notariellen Ehevertrag vereinbart haben.

Ein Zugewinnausgleich findet auch nicht mehr statt, wenn er verjährt ist (siehe dazu den Absatz Verjährung).

6. Wie berechnet sich der Zugewinnausgleich?

Beim Zugewinnausgleich wird das Anfangsvermögen (Vermögen eines Ehegatten am Tag der Heirat) mit dem Endvermögen (Vermögen eines Ehegatten am Tag der Zustellung des Scheidungsantrages) verglichen. Bei jedem Ehegatten wird so der Vermögenszuwachs in der Ehezeit ermittelt.

Der Vermögenszuwachs ist die Differenz zwischen dem Anfangs- und dem Endvermögen. Hat eine Ehe sehr lange bestanden, müssen Vermögenswerte aus den Anfangsjahren der Ehezeit bedingt durch die Inflation und die etwaige Geldentwertung indexiert werden. D.h. sie werden wertmäßig auf den heutigen Stand gebracht.

Beispiel: Die noch jungen Ehepartner hatten am Tag der Heirat jeweils ein Vermögen von 0 und keine Schulden. Die Ehefrau hat in der 10-jährigen Ehezeit einen Vermögenszuwachs von 100.000,00 EUR (z.B. sie hat ihr Einkommen auf einem Konto angespart).

Der Ehemann hat hingegen in der Ehezeit nur einen Vermögenszuwachs von 50.000,00 EUR (z.B. er hat sein Einkommen für die Familie, Urlaube, Hobbies, etc. ausgegeben oder auch weniger verdient).

Die Differenz zwischen den beiden Vermögenszuwächsen beträgt 50.000,00 EUR zu Gunsten der Ehefrau. Der Vermögenszuwachs der Ehefrau wird durch 2 geteilt und die Ehefrau zahlt dem Ehemann einen Zugewinnausgleich von 25.000,00 EUR.

7. Was gehört zum Anfangsvermögen und was gehört zum Endvermögen?

Anfangs- und Endvermögen sind alle Vermögenswerte, die einen wirtschaftlichen Wert darstellen.

Es gibt zwei Ausnahmen:

-Rentenanwartschaften (Deutsche Rentenversicherung, private Rentenanwartschaften, Versorgungskassen und ähnliches) fallen nicht in den Zugewinnausgleich. Diese werden vielmehr vom Gericht im Versorgungsausgleich ausgeglichen.

-Nicht in den Zugewinnausgleich fallen Hausratsgegenstände (Waschmaschine, Trockner, Ehebett und ähnliches). Diese unterfallen einer Hausratsteilung. Wobei ich noch nie erlebt habe, dass es um das Ehebett Streit gibt. Niemand will es. 😉

Vermögensgegenstände im Zugewinnausgleich sind z.B.:

nicht alle gegenstände und vermögenswerte sind für den zugewinnausgleich relevant. bargeld gehört jedoch dazu.
Nicht alle Gegenstände und Vermögenswerte sind für den Zugewinnausgleich relevant. Bargeld gehört jedoch dazu.

Immobilien, Grundstücke, Fahrzeuge, (Kapital)Lebensversicherungen, Gesellschaftsanteile, eigene Darlehensforderungen gegen Dritte, Bargeld, Konten, Wertpapierdepots, Firmenanteile und freiberufliche Praxen, eigene Schmerzensgeldansprüche gegen Versicherungen oder Dritte, Schmuck und Diamanten, Unternehmensbeteiligungen, etc.

Wenn z.B. die gleiche Immobilie am Tag der Heirat (Anfangsstichtag) im Eigentum des Ehemannes gestanden hat und er die Immobilie am Tag der Zustellung des Scheidungsantrages (Endstichtag) immer noch besitzt, wird sie zweimal erwähnt: im Anfangsvermögen und im Endvermögen.

Ist die Immobilie in der Ehezeit wertvoller geworden, wird im Endvermögen auch der höhere Verkehrswert eingetragen. Dann hat der Ehemann alleine in Form der Immobilie einen Vermögenszuwachs gemacht.

Hat ein Ehegatte Schulden, werden die Schulden jeweils mit Ihrem Wert im Anfangs- und Endvermögen eingestellt.

Das Anfangsvermögen ist letztendlich das Aktivvermögen abzüglich des Passivvermögens am Tag der Heirat. Das Endvermögen ist das Aktivvermögen abzüglich das Passivvermögen am Tag der Zustellung des Scheidungsantrages.

Beispiel: Die Ehefrau hatte am Hochzeitstag ein Bankkonto mit einer Einlage von 10.000,00 EUR und noch eine Darlehensbelastung aus einem Verbraucherkredit von 5.000,00 EUR. Damit hatte sie am Tag der Heirat ein positives Vermögen von 5.000,00 EUR.

Der Ehemann hingegen hatte am Hochzeitstag eine Immobilie im Alleineigentum, die einen Wert von 200.000,00 EUR hatte und noch mit einem Kredit i.H.v. 150.000,00 EUR belastet war. Sein Anfangsvermögen betrug somit 50.000,00 EUR.

8. Der Auskunftsanspruch im Zugewinnausgleich

Um einen Zugewinnausgleich berechnen zu können, muss jeder Ehegatte vom anderen Auskunft über dessen Vermögen, d.h. über das Anfangs- und Endvermögen verlangen können. Wenn Hinweise vorliegen, dass ein Ehepartner nach der Trennung und vor der Zustellung des Scheidungsantrages (also im Trennungsjahr) Vermögen verschwendet oder beiseite geschafft hat, besteht auch noch ein Auskunftsanspruch über das Vermögen am Tag der Trennung.

Die Auskunft ist schriftlich und in geordneter Form zu erteilen. In der Regel werden Tabellen übermittelt. Das Anfangs- und Endvermögen ist zu belegen, z.B. durch Kontoauszüge.

9. Ist der Zugewinnausgleich direkt bei der Scheidung zu zahlen?

Die Zugewinnausgleichszahlung hat zu erfolgen, wenn der Güterstand beendet ist. Der Güterstand ist zwischen den Eheleuten beendet, wenn der Scheidungsbeschluss rechtskräftig ist. Beide Seiten müssen hiervon Kenntnis erhalten. Kenntnis erhält jeder Ehegatten durch die Versendung des Scheidungsbeschlusses an den jeweiligen Anwalt.

Ist einem Ehegatten die Zahlung des Zugewinnausgleichs nicht zuzumuten, weil hierdurch beispielsweise der Geschäftsbetrieb oder die wirtschaftliche Grundlage entzogen würde, kann dieser Ehegatte bei Gericht eine Stundung der Ausgleichszahlung beantragen.

Auch wenn die Lebensgrundlage von minderjährigen Kindern verschlechtert würde, ist eine sofortige Ausgleichszahlung nicht zumutbar und eine Stundung sollte festgelegt werden. Es ist keinem Ehegatten zuzumuten, seine Existenz durch die Zahlung des Zugewinnausgleichs zu gefährden.

10. Wann verjährt der Anspruch auf Zugewinnausgleich?

Der Anspruch auf Zugewinnausgleich verjährt 3 Jahre nach Rechtskraft der Scheidung. Von dieser Rechtskraft müssen beide Seiten Kenntnis erlangt haben. Das geschieht in der Regel dadurch, dass beiden Ehegatten der Scheidungsbeschluss vom Gericht zugestellt wird.

Die Frist beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem die Scheidung rechtkräftig wurde und beide Ehegatten das wissen.

Ist die Rechtskraft der Scheidung beispielsweise im Mai 2017 erfolgt, beginnt die Dreijahresfrist am 31.12.2017 und endet am ein 31.12.2020. Wenn die Ansprüche bis dahin nicht verjährungshemmend geltend gemacht wurden, ist der Zugewinnausgleichsanspruch verjährt.

11. Was ist ein vorzeitiger Zugewinnausgleich und wann wird er durchgeführt?

Der vorzeitige Zugewinnausgleich dient dazu, einem berechtigten Ehegatten den Zugewinnausgleich zu verschaffen bevor das Vermögen durch eine Manipulation des pflichtigen Ehegatten dem Ausgleich entzogen wird. Ein vorzeitiger Zugewinnausgleich kann nur stattfinden, bevor ein Scheidungsantrag bei Gericht rechtshängig ist.

Ein zugewinnausgleichsberechtigter Ehegatte muss zumindest Indizien nachweisen, dass der andere Ehegatte sein Vermögen (z.B. auf Bankkonten) auflöst und es ohne jeglichen Grund ins Ausland transferiert. Oder in bar abhebt und verschwinden lässt. Dann ist der Ausgleichsanspruch des berechtigten Ehegatten gefährdet ebenso wenn der ausgleichspflichtige Ehegatte erhebliche Vermögenswerte auf eine 3. Person überträgt ohne ersichtlichen Grund.

In diesen Fällen kann der ausgleichsberechtigte Ehegatte den Zugewinnausgleichsanspruch direkt bei Gericht geltend machen und eine sofortige Auflösung der Zugewinngemeinschaft verlangen. Und zwar ohne das zuvor der Stichtag für die Ermittlung des Endvermögens durch Zustellung eines Scheidungsantrages herbeigeführt wurde. In jedem Fall müssen die Ehegatten getrennt sein.

12. Wie kann der gesetzliche Zugewinnausgleich abgeändert werden?

Gerade wenn Ehegatten nicht das traditionelle Familienmodell mit einem Alleinverdiener und einem kindesbetreuenden Ehegatten leben, kann es sinnvoll sein, in einem Ehevertrag den Zugewinnausgleich auszuschließen oder abzuändern.

in manchen fällen ist es sinnvoll, eine gütertrennung statt eine zugewinngemeinschaft zu vereinbaren. auch eine modifizierung des zugewinnausgleichs ist möglich.
In manchen Fällen ist es sinnvoll, eine Gütertrennung statt eine Zugewinngemeinschaft zu vereinbaren. Auch eine Modifizierung des Zugewinnausgleichs ist möglich.

Ehegatten können in einem Ehevertrag regeln, dass die gesetzliche Zugewinngemeinschaft zwischen Ihnen nicht gelten soll.

Stattdessen können Sie einen der 3 anderen Güterstände, z.B. eine Gütertrennung wählen.

In einem Ehevertrag können die Ehegatten auch eine Modifizierung des Zugewinnausgleichs vereinbaren.

Eine Modifizierung kann z.B. dahingehend sinnvoll sein, dass der Zugewinnausgleich nur gezahlt wird, wenn gemeinschaftliche Kinder geboren werden oder die Ehe eine Mindestdauer hatte.

Oder bestimmte Vermögensgegenstände, wie zu Beispiel Immobilien oder Firmen und Praxen, können vom Zugewinnausgleich ausgenommen werden.

Die Eheleute können auch festlegen, welches Anfangsvermögen jeweils gilt. Der Güterstand der Zugewinngemeinschaft ist in einem Ehevertrag durchaus flexibel und kann durch große oder kleine Änderungen für die ehelichen Verhältnisse „passend gemacht“ werden.

Eheverträge, die den gesetzlichen Güterstand in einen Wahlgüterstand abändern, sind zwingend notariell zu beurkunden.

13. Was passiert, wenn ich in der Ehezeit geerbt habe?

Hat ein Ehegatte in der Ehezeit von seinen Eltern nach deren Tod ein Erbe erhalten oder haben die Eltern ihm mit sog. „warmer Hand“ etwas geschenkt, so ist dieses Erbe oder dieses Geschenk in großen Teilen dem Zugewinnausgleich entzogen.

Es handelt sich um so genanntes privilegiertes Vermögen, das mit seinem Wert am Tag des Erbes oder am Tag der Schenkung nicht dem Zugewinnausgleich hinzugerechnet wird. D.h. dieses privilegierte Vermögen wird dem Anfangsvermögen zugerechnet, welches nicht ausgeglichen werden muss.

Lediglich wenn das Erbe einen Wertzuwachs in der Ehezeit erwirtschaftet hat, ist dieser Wertzuwachs dem Zugewinnausgleich hinzuzurechnen.

Beispiel: Der Ehemann hat in der Ehezeit von seinen Eltern eine Immobilie im Wert von 200.000,00 EUR geerbt. In der darauffolgenden Ehezeit von weiteren 5 Jahren hat diese Immobilie durch eine Aufwertung des Stadtteils und der Umgebung einen Wertzuwachs von 50.000,00 EUR erlebt. Sie ist bei der Scheidung 250.000,00 EUR wert.

Der Wert der Immobilie am Tag des Erbes mit 200.000,00 EUR wird nicht in den Zugewinnausgleich eingestellt (=privilegiertes Vermögen). Die Wertsteigerung der Immobilie in der Ehezeit von 50.000,00 EUR fließt hingegen in den Zugewinnausgleich und wird somit mit dem anderen Ehegatten geteilt.

Mehr Informationen zum Thema Erbe bei Scheidung hier.

14. Was passiert im Zugewinnausgleich mit dem Haus, das in meinem Alleineigentum steht?

Wenn ein Ehegatte eine Immobilie zu Alleineigentum besitzt und allein im Grundbuch steht, ändern Scheidung und Zugewinnausgleich nichts an dieser Grundbucheintragung. Durch einen Zugewinnausgleich wird der andere Ehegatte nicht als Miteigentümer ins Grundbuch eingetragen.

Er erhält auch keinen Anspruch auf diese Immobilie oder Teile davon. Die Immobilie wird lediglich mit ihrem Wert in das Anfangsvermögen und das Endvermögen des Eigentümers eingestellt. Das Grundbuch bleibt unangetastet.

Beispiel: Der Ehemann hat am Tag der Heirat eine unbelastete Immobilie im Wert von 200.000,00 EUR. Diese Immobilie hat er immer noch im Alleineigentum, wenn er 5 Jahre später geschieden wird. Die Immobilie hat noch immer noch einen Wert von 200.000,00 EUR.

Demnach steht die Immobilie im Anfangsvermögen mit einem Wert von 200.0000,00 EUR und noch einmal im Endvermögen mit einem Wert von 200.000,00 EUR. Da sie keinen Wertzuwachs erlebt hat, kann die Ehefrau an einem solchen auch nicht partizipieren.

15. Wie verhält es sich im Zugewinnausgleich mit Miteigentum an einer Immobilie?

Wenn die Eheleute Miteigentümer einer Immobilie und hälftig im Grundbuch eingetragen sind, wird diese Immobilie auch jeweils hälftig in das Anfangsvermögen und Endvermögen eingestellt.

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Beispiel: Die Eheleute kaufen in der Ehezeit eine Immobilie, die einen Wert von 200.000,00 EUR hat. Beide sind hälftig im Grundbuch als Miteigentümer eingetragen.

Die Immobilie kann noch nicht in das Anfangsvermögen eingestellt werden, da sie am Tag der Heirat noch nicht vorhanden war.

Sie wird allerdings im Endvermögen bei jedem Ehegatten zur Hälfte eingestellt mit einem Wert von 100.000,00 EUR.

Achtung: Wenn diese Eheleute geschieden werden und der Zugewinnausgleich durchgeführt wird, heißt das nicht, dass das Miteigentum im Grundbuch verändert wird. Geschiedene Eheleute mit durchgeführtem Zugewinnausgleich können noch bis zu ihrem Tode Miteigentümer einer Immobilie sein.

Über das Miteigentum im Grundbuch müssen sich die Eheleute gesondert und unabhängig vom Zugewinnausgleich auseinander setzen.

16. Was passiert mit Schulden im Zugewinnausgleich?

Wenn ein Ehegatte bei der Heirat Schulden hatte, werden diese als Passiva in das Anfangsvermögen eingestellt. Ebenso wenn er im Endvermögen Schulden hatte.

Beispiel: Der Ehemann hatte bei der Heirat eine unbelastete Immobilie im Wert von 200.000,00 EUR und einen Verbraucherkredit i.H.v. 50.000,00 EUR. Aktivvermögen ist somit die Immobilie von 200.000,00 EUR und Passivvermögen ist der Kredit über 50.000,00 EUR. Das Anfangsvermögen beträgt somit 150.000,00 EUR.

Achtung: Wenn der Ehemann alleiniger Schuldner der kreditgebenden Bank ist, wird weder durch die Eheschließung noch durch den Zugewinnausgleich die Ehefrau Mitschuldnerin. Eine Ehe oder ein Zugewinnausgleich begründen keine Schuldhaftung gegenüber einer Bank oder weiteren Kreditinstituten. Frei gesagt: „Man heiratet keine Schulden“.

17. Das Endvermögen ist geringer als das Anfangsvermögen

Beim Zugewinnausgleich wird das Anfangsvermögen vom Endvermögen abgezogen. Dadurch ergibt sich die Vermögensmehrung in der Ehezeit. In der Regel geht man davon aus, dass in der Ehe Vermögen dazu gewonnen wird und das Endvermögen höher ist als das Anfangsvermögen.

Wenn der Ehegatte bei der Heirat aber mehr Vermögen hatte als bei der Scheidung, dann hat er oder sie in der Ehe keine Vermögensmehrung erlebt. Und damit keinen Zugewinn in der Ehe erwirtschaftet. Mangels Zugewinn in der Ehe kann dieser auch nicht ausgeglichen werden.

Das heißt, dieser Ehegatte muss dem anderen Ehegatten nichts geben. Er oder sie kann vielmehr darauf spekulieren, dass der Ehepartner Vermögen dazu gewonnen hat und einen Zugewinn teilen muss.

Simone Huckert
Simone Huckert ist seit 2005 als Rechtsanwältin tätig, seit 2012 mit eigener Kanzlei in Köln. Simone Huckert ist Fachanwältin für Familienrecht und Erbrecht.
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Ehevertrag: Berchtesgaden / fotolia.com
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