Scheidung einreichen: Wie funktioniert eine Ehescheidung?

1. Wann kann man eine Scheidung einreichen?

Eine Scheidung einreichen kann man, wenn die Ehe gescheitert ist. Der Jurist spricht von der sog. Zerrüttung einer Ehe oder dem Zerrüttungsprinzip. Zerrüttet ist eine Ehe, wenn die eheliche Gemeinschaft nicht mehr besteht, die Eheleute getrennt sind. Eine Scheidung ist nicht sofort nach der Trennung möglich (es gibt ganz wenige Ausnahmefälle, dazu unten mehr).

Vielmehr muss ein Trennungsjahr eingehalten werden. Dieses Jahr der Trennung verdeutlicht dem Gericht, dass die Eheleute die gemeinsame Lebensführung nicht wieder herstellen wollen und der Scheidungswunsch gefestigt ist.

Trennung „von Tisch und Bett“

Wenn das Gericht nach der Trennung fragt, dann meint es eine so genannte Trennung „von Tisch und Bett“. Damit ist gemeint, dass die Ehepartner nicht mehr zusammen geschlafen, gegessen, gelebt oder gewirtschaftet haben.

Wenn ein Ehegatte aus der ehelichen Wohnung in Trennungsabsicht ausgezogen ist, hat er oder sie die Trennung manifestiert. Ab dann läuft das Trennungsjahr.

Gerade in den Ballungsgebieten und den teuren Großstädten ist es oft nicht leicht, für den trennungswilligen Ehepartner schnell eine neue Wohnung zu finden und auszuziehen. Es ist daher auch möglich, innerhalb der Ehewohnung getrennt von Tisch und Bett zu leben.

Diese Trennung von Tisch und Bett innerhalb der Ehewohnung sollten die Ehepartner schriftlich mit einem Anfangszeitpunkt festhalten. Denn ein Leben in Trennung in einer gemeinsamen Wohnung ist im Zweifelsfall nicht so leicht nachzuweisen. Beide sollten sich daran halten, dass sie in getrennten Zimmern schlafen, jeder für sich kocht und wäscht und im weitesten Sinne sein eigenes -nun getrenntes- Leben lebt.

Nach Ablauf des Trennungsjahres und wenn beide Eheleute einverstanden sind, kann man die Scheidung einreichen.

Was passiert, wenn sich das Paar nicht einig ist?

Widersetzt sich ein Ehegatte der Scheidungsabsicht des Anderen oder bestätigt er nicht den Trennungszeitpunkt und damit den Ablauf des Trennungsjahres, muss dem Gericht das Scheitern der Ehe nachgewiesen werden.

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Dazu wird dann der beauftragte Anwalt vortragen. Nach spätestens drei Jahren Trennungszeit geht ein Gericht davon aus, dass die Ehe gescheitert ist. Nach drei Jahren wird eine Ehe geschieden, auch wenn sich ein Ehegatte widersetzt.

Kürzere Trennungszeiten als ein Jahr sind die Ausnahme. Lediglich wenn eine besondere -und in der Person des Gatten begründete- Härte vorliegt, kann schneller geschieden werden, z.B. bei Körperverletzung gegen den Ehegatten oder die Kinder, etc.

Das Trennungsjahr dient dazu, den Eheleuten die Endgültigkeit ihrer Entscheidung zu verdeutlichen und Ihnen noch die Möglichkeit zu geben, einen Versöhnungsversuch zu unternehmen. Sind sich ein oder beide Ehegatten nach ein paar Wochen einig, dass der Versöhnungsversuch gescheitert ist, läuft das Trennungsjahr ungehindert weiter.

Versöhnungsversuche verzögern also nicht die Scheidung. Erst wenn der Versöhnungsversuch relativ lange dauert oder die Eheleute sich einig sind, dass sie wieder zusammenleben, ist das Trennungsjahr unterbrochen. Will nach dieser erfolgten Versöhnung einer der Beiden dann doch die Scheidung einreichen, dann muss das Trennungsjahr neu eingeleitet werden.

2. Wer kann eine Scheidung einreichen?

Jeder Ehegatte kann den Scheidungsantrag bei Gericht einreichen, also Antragsteller sein. Ehefrau und Ehemann können auch beide jeweils die Scheidung einreichen.

Bei den Familiengerichten herrscht im Scheidungsverfahren Anwaltszwang für den Antragsteller oder die Antragstellerin. Der Antragsteller muss also durch einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin vertreten sein. Dieser Rechtsanwalt ist der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers, formuliert den Scheidungsantrag und führt den Schriftverkehr mit dem Familiengericht für seinen Mandanten oder seine Mandantin.

Der Antragsgegner oder die Antragsgegnerin muss nicht zwingend einen eigenen Anwalt beauftragen. Die Eheleute brauchen also mindestens einen Rechtsanwalt, um das Scheidungsverfahren durchzuführen.

3. Welches Gericht ist für den Scheidungsantrag zuständig?

Das Scheidungsverfahren wird beim örtlich zuständigen Familiengericht durchgeführt.

Haben die Ehegatten minderjährige Kinder, ist das Familiengericht am Wohnort der Kinder zuständig.

Beispiel: Ist die Ehefrau nach der Trennung aus der gemeinsamen Ehewohnung in Köln mit den gemeinsamen Kindern nach Düsseldorf gezogen, so ist das Familiengericht in Düsseldorf für die Scheidung zuständig.

Haben die Ehegatten keine Kinder, ist das Gericht am letzten gemeinsamen Wohnort der Eheleute zuständig, sofern einer der Ehegatten seinen Wohnsitz noch an diesem Ort hat.

Beispiel: Haben die kinderlosen Eheleute in Köln gewohnt und ist ein Ehepartner nach der Trennung nach Düsseldorf gezogen und der anderen Köln verblieben, ist das Familiengericht in Köln zuständig.

Wohnt keiner der kinderlosen Ehegatten mehr am Ort der letzten Ehewohnung, ist das Gericht an dem Ort zuständig, an dem der Antragsgegner lebt.

Beispiel: Haben die Eheleute ihre Mietwohnung in Köln gekündigt und einer ist nach Düsseldorf und der Andere nach Bonn gezogen, so ist das Scheidungsgericht auf keinen Fall in Köln. Wenn der Düsseldorfer Ehepartner als Antragsteller den Scheidungsantrag einreicht, dann ist das Familiengericht Bonn zuständig, da dort der Antragsgegner lebt. Und umgekehrt.

4. Inhalt eines Scheidungsantrags und Scheidungsunterlagen

Mit Ablauf des Trennungsjahres kann der Rechtsanwalt oder die Rechtsanwältin den Scheidungsantrag beim Familiengericht einreichen.

Bei einvernehmlichen Scheidungen benötigt der Rechtsanwalt mindestens die Heiratsurkunde oder das Familienstammbuch der Eheleute und die Geburtsurkunden der Kinder. Bei streitigen Scheidungen oder Regelungen zu den Folgesachen wie Hausrat, Ehewohnung, Kindesumgang, Sorgerecht, Unterhalt oder Zugewinnausgleich sind weitere individuelle Unterlagen notwendig.

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Der Scheidungsantrag benennt zunächst die Eheleute mit Name und Wohnort. Das Gericht will wissen, wer Antragsgegner und wer Antragsteller ist.

Dem Gericht wird mitgeteilt, welche Staatsangehörigkeit die Eheleute haben, ob es sich um die erste, zweite oder dritte Ehe handelt und ob gemeinsame minderjährige Kinder vorhanden sind.

Der Rechtsanwalt wird dem Gericht zum Trennungszeitpunkt und den Trennungsvoraussetzungen vortragen und erläutern, dass das Trennungsjahr eingehalten ist. Er wird dazu ausführen, ob es Streitigkeiten um den Hausrat, die Ehewohnung oder den Kindesumgang gibt.

Das Gericht gibt dem Scheidungsantrag ein gerichtliches Aktenzeichen und verschickt eine Gerichtskostenvorschussrechnung. Der Scheidungsantrag wird dem Antragsgegner oder der Antragsgegnerin vom Gericht zugestellt. Die Scheidung wird dadurch rechtshängig. Der Antragsgegner erhält eine Frist von zwei oder drei Wochen, um sich zu dem Scheidungsvorhaben zu äußern.

5. Der Versorgungsausgleich

Dauert die Ehezeit länger als drei Jahre, wird der Versorgungsausgleich vom Gericht durchgeführt. Der Versorgungsausgleich ist der Ausgleich der beiderseitigen Rentenanwartschaften innerhalb der Ehezeit.

Die familienrechtlichen Vorschriften sehen vor, dass beide Ehepartner aus der Ehezeit die gleichen Rentenanwartschaften erhalten sollen. Hierzu werden Rentenpunkte oder Gelder von dem Rentenkonto eines Ehegatten ggf. auf das Rentenkonto des anderen Ehegatten verschoben.

Zur Ermittlung der Rentenanwartschaften bei Ehefrau und Ehemann verschickt das Familiengericht an beide Eheleute Fragebögen zum Versorgungsausgleich (Fragebogen V 10). In diesem Fragebogen muss jeder Ehegatte neben seinen Statusangaben auch seine Rentenversicherungsnummer bei der Deutschen Rentenversicherung, betriebliche und private Renten, Versorgungswerk und Versorgungskassen, etc. angeben.

Die Fragebögen werden dem Gericht wieder vorgelegt und das Gericht schreibt alle Rententräger an und fordert von dort Auskünfte zu den Rentenanwartschaften in der Ehezeit an. Das Gericht legt hierzu auch die Ehezeit fest. Diese dauert immer von dem Monat der Heirat bis zum Monat der Einreichung des Scheidungsantrages.

Das Einholen dieser Rentenanwartschaften dauert –je nach Anzahl- meistens zwei bis vier Monate. Das Gericht sammelt die Auskünfte und reicht sie auch jeweils an die Parteien bzw. die Verfahrensbevollmächtigten weiter.

Ein Rechtsanwalt überprüft für seinen Mandanten oder seine Mandantin diese Auskünfte auf Richtigkeit und Vollständigkeit. Wenn alle Rententräger und Versorgungskassen ihre Auskünfte übersandt haben, stellt das Gericht den Versorgungsausgleich zusammen. Dann kann jeder Ehegatte sehen, ob er z.B. in der Deutschen Rentenversicherung dem anderen Ehegatten Rentenpunkte abgeben muss oder aus dessen privater Rentenversicherung einen gewissen Betrag erhält.

Bei kinderlosen und in Vollzeit arbeitenden Ehegatten kann es sinnvoll sein, darüber nachzudenken, ob die Durchführung des Versorgungsausgleichs nicht wechselseitig ausgeschlossen werden soll. Durch das Hin- und Herschieben der Entgeltpunkte und Versorgungsanwartschaften entstehen bei den Rententrägern Kosten.

Wenn die Ehegatten ungefähr gleich viel verdient und gleichviele Anwartschaften erworben haben, kann ein wechselseitiger Ausschluss des Versorgungsausgleichs wirtschaftlich sinnvoll sein.

6. Der Scheidungstermin

Wenn die Auskünfte zum Versorgungsausgleich vollständig sind, wird der Familienrichter einen Scheidungstermin anberaumen. Hierzu erhält jeder Ehegatte eine Ladung zum Scheidungstermin. Zum Scheidungstermin müssen die Ehegatten jeweils ihren Personalausweis oder Reisepass mitbringen. Die Verhandlung ist nicht öffentlich.

Der Richter fragt die Eheleute, ob und wann sie sich getrennt haben und stellt durch die Befragung fest, ob das Trennungsjahr eingehalten ist. Er fragte die Eheleute, ob sie geschieden werden wollen.

In der Regel müssen beide Ehegatten persönlich im Scheidungstermin anwesend sein. Lediglich wenn ein Ehegatte sehr weit weg wohnt oder ihm aus gesundheitlichen Gründen eine Reise nicht zugemutet werden kann, kann der Familienrichter seinen Kollegen am Wohnort des Erkrankten bitten, diesen am Wohnort anzuhören. Man nennt das eine Anhörung durch den ersuchten Richter am Wohnort.

Die eigentliche Scheidungsverhandlung dauert in der Regel nicht sehr lange. Der Richter verkündet den Scheidungsbeschluss. Hierzu wird die Verhandlung öffentlich gemacht, wobei äußerst selten Besucher in den Gerichtssaal eintreten.

7. Der Scheidungsbeschluss

Seit ein paar Jahren gibt es keine Scheidungsurteile mehr. Man spricht heute von einem Scheidungsbeschluss. Der Scheidungsbeschluss wird den nunmehr geschiedenen Eheleuten vom Gericht zugestellt. Ab der Zustellung läuft die Rechtsmittelfrist von einem Monat. Innerhalb dieses Zeitraums kann jeder Ehegatte noch das Rechtsmittel der Beschwerde gegen den Scheidungsbeschluss einlegen.

Das passiert relativ selten und zumindest dann nicht, wenn beide Eheleute geschieden werden wollen. Ist die Rechtsmittelfrist abgelaufen, bringt das Gericht auf der Originalausfertigung des Scheidungsbeschlusses einen Rechtskraftvermerk an (ein Stempel mit einer Unterschrift und Datum oben rechts oben links). Damit ist die Scheidung rechtskräftig. Nun kann jeder Ehegatte neu heiraten bzw. auch wieder seinen Mädchennamen annehmen.

8. Kosten einer Scheidung

Die Kosten einer Scheidung müssen unterschieden werden in Gerichtskosten und Rechtsanwaltskosten.

Die Gerichtskosten werden nach dem Gerichtskostengesetz (FamGKG) bemessen. Ein Rechtsanwalt wird nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) entlohnt. Grundlage für die Gerichtskosten und die Rechtsanwaltskosten ist der so genannte Streitwert. Der Familienrichter legt im Scheidungstermin den Streitwert fest. Der Streitwert richtet sich danach, was die Eheleute verdienen bzw. bei manchen Gerichten auch danach welches Vermögen sie haben.

Hat der antragstellende Ehegatte kein ausreichendes Einkommen und kein Vermögen, kann er für das Scheidungsverfahren Verfahrenskostenhilfe (VKH) beim Familiengericht beantragen.

9. Dauer eines Scheidungsverfahrens

Der Länge eines Scheidungsverfahrens hängt in der Regel davon ab, ob die Ehegatten hoch streitig auseinandergehen oder sich einvernehmlich trennen.

Sind viele Punkte der ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft, wie zum Beispiel nachehelicher Unterhalt, Zugewinnausgleich, Vermögensauseinandersetzung oder Kindesumgang streitig (sog. Folgesachen zur Scheidung) und muss das Familiengericht über gerichtliche Folgesachenanträge entscheiden, kann eine Scheidung zwei oder drei Jahre dauern.

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Scheidung einreichen: Sind Fragen offen geblieben? Rufen Sie an unter 0221 27 78 27 53 oder schreiben Sie eine Nachricht an info@kanzlei-huckert.de.

Eine außergerichtliche Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung erleichtert und verkürzt das Scheidungsverfahren oft enorm. Es handelt sich dabei um einen Ehevertrag, der in der Trennungszeit und vor der Scheidung zwischen den Ehepartnern geschlossen wird und alle offenen Fragen regelt.

In der Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung kann eine Vermögensauseinandersetzung erfolgen oder auch eine Immobilie von einem Ehegatten auf den anderen übertragen werden.

Die Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung kann dem Scheidungsgericht vorgelegt werden zum Beweis, dass alle möglichen Streitpunkte geklärt sind und dem Verfahren so manchen gerichtlichen Umweg ersparen.

Eine einvernehmliche Scheidung kann in einem halben Jahr abgeschlossen sein, wenn die Rententräger zeitnah ihre Auskunft zum Versorgungsausgleich geben. Wird der Versorgungsausgleich zwischen den Ehegatten wechselseitig ausgeschlossen, können beide auch noch schneller geschieden werden.

Wenn die Scheidung aus erklärbaren Gründen ganz dingend ist, z.B. beim Wegzug eines Ehepartners ins Ausland, kann ein Anwalt das Gericht auch höflich um eine schnelle Terminierung bitten.

10. FAQ in Kürze

Wann kann man eine Scheidung einreichen?

Eine Scheidung einreichen kann man, wenn die Ehe gescheitert ist. Der Jurist spricht von der sog. Zerrüttung einer Ehe oder dem Zerrüttungsprinzip. Zerrüttet ist eine Ehe, wenn die eheliche Gemeinschaft nicht mehr besteht, die Eheleute getrennt sind.

Eine Scheidung ist nicht sofort nach der Trennung möglich. Vielmehr muss ein Trennungsjahr eingehalten werden.

Wer kann eine Scheidung einreichen?

Jeder Ehegatte kann den Scheidungsantrag bei Gericht einreichen, also Antragsteller sein. Ehefrau und Ehemann können auch beide jeweils die Scheidung einreichen. Der Antragsteller muss durch einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin vertreten sein.

Welches Gericht ist für den Scheidungsantrag zuständig?

Das Scheidungsverfahren wird beim örtlich zuständigen Familiengericht durchgeführt.
Haben die Ehegatten minderjährige Kinder, ist das Familiengericht am Wohnort der Kinder zuständig.

Wohnt keiner der kinderlosen Ehegatten mehr am Ort der letzten Ehewohnung, ist das Gericht an dem Ort zuständig, an dem der Antragsgegner lebt.

Wie viel kostet eine Scheidung?

Die Kosten einer Scheidung müssen unterschieden werden in Gerichtskosten und Rechtsanwaltskosten.

Die Gerichtskosten werden nach dem Gerichtskostengesetz (FamGKG) bemessen. Ein Rechtsanwalt wird nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) entlohnt. Grundlage für die Gerichtskosten und die Rechtsanwaltskosten ist der so genannte Streitwert.

Wie lange dauert das Scheidungsverfahren?

Der Länge eines Scheidungsverfahrens hängt in der Regel davon ab, ob die Ehegatten hoch streitig auseinandergehen oder sich einvernehmlich trennen.

Sind viele Punkte der ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft, wie zum Beispiel nachehelicher Unterhalt, Zugewinnausgleich, Vermögensauseinandersetzung oder Kindesumgang streitig (sog. Folgesachen zur Scheidung) und muss das Familiengericht über gerichtliche Folgesachenanträge entscheiden, kann eine Scheidung zwei oder drei Jahre dauern.

Eine außergerichtliche Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarung erleichtert und verkürzt das Scheidungsverfahren oft enorm.

Erbe bei Scheidung: Die 4 wichtigsten Fragen und Antworten

1. Beerbt mich mein geschiedener Ehepartner, wenn wir kein Testament gemacht haben?

Wenn Ehegatten oder eingetragene Lebenspartner/innen kein Testament und keinen Erbvertrag errichtet haben, gilt die gesetzliche Erbfolge.

Sind die Ehegatten oder die eingetragenen Lebenspartner bereits rechtskräftig geschieden, ist das gesetzliche Erbrecht des überlebenden geschiedenen Ehegatten oder Lebenspartners ausgeschlossen.

Eine Scheidung von Eheleuten ist immer dann rechtskräftig, wenn keiner der Beteiligten ein Rechtsmittel gegen die Scheidung eingelegt hat. Bei den eingetragenen Lebenspartnern ist nicht von einer Scheidung die Rede, sondern von einer Aufhebung der eingetragenen Lebenspartnerschaft.

In beiden Fällen bringt das Familiengericht auf dem Scheidungsbeschluss einen so genannten Rechtskraftvermerk an (ein Stempel mit Datum und Unterschrift). Ist das geschehen, gibt es kein gesetzliches Erbrecht mehr. Dann erben in der Regel die blutsverwandten Angehörigen, wie Kinder oder Eltern.

2. Beerbt mich mein getrennt lebender Ehegatte, wenn wir kein Testament gemacht haben?

Sind die Ehegatten noch nicht rechtskräftig geschieden, hat aber der verstorbene Erblasser bereits die Scheidung beantragt oder dem Scheidungsantrag des anderen Ehegatten zugestimmt, so kommt es ebenfalls zu einem Ausschluss des gesetzlichen Ehegattenerbrechts nach § 1933 BGB.

Wenn die Voraussetzungen für die Scheidung der Ehe vorgelegen haben, was in den meisten Fällen gegeben sein dürfte, wird so getan, als sei die Ehe bereits geschieden. Der Gesetzgeber geht dann davon aus, dass keiner der Eheleute will, dass er gesetzlich vom anderen noch beerbt wird. Wiederum erben dann in der Regel die Blutsverwandten.

3. Erbe bei Scheidung: Was passiert mit den Testamenten?

Eheleute und eingetragene Lebenspartner nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG) haben gegenüber nichtehelichen Partnerschaften („wilden Ehen“) einen entscheidenden erbrechtlichen Vorteil bei der Trennung und Scheidung.

Einseitige Testamente, gemeinsame Testamente und Erbverträge werden in der Regel unwirksam, wenn der Erblasser die Scheidung einreicht oder ihr zugestimmt hat und die rechtlichen Voraussetzungen für die Scheidung vorlagen. Achtung: Voraussetzung ist in den allermeisten Fällen der Ablauf des Trennungsjahres.

Für einseitige Testamente ist das in § 2077 Abs. 1 BGB geregelt, für gemeinsame Testamente in § 2268 Abs. 1 BGB und für Erbverträge in § 2279 BGB.

Ein einseitiges Testament wurde nur von einer Person errichtet. Ein gemeinsames Testament wurde von beiden Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartnern erstellt. Ein Erbvertrag ist was die beteiligte Personenanzahl angeht flexibler, ist aber zwingend notariell zu errichten.

„In der Regel“ heißt jedoch nicht zwingend. In jedem Fall ist der Wortlaut des Testaments entscheidend. Ergibt sich aus dem Testamentswortlaut, dass der Erblasser oder die Erblasserin das Testament auch nach einer Scheidung aufrechterhalten wollte, dann gilt es weiterhin.

Nicht wenige Erblasser versehen eine letztwillige Verfügung, also auch ein Testament, mit viel Text. Ein Richter darf dann notfalls klären, ob der Text beinhaltet, dass der Erblasser auch nach Einreichung eines Scheidungsantrags noch vom anderen Gatten beerbt werden wollte. Also ein sog. Aufrechterhaltungswille vorliegt. Missverständliche Formulierungen öffnen dann einer richterlichen Auslegung Tür und Tor.

Es sollte bereits bei Testamentserrichtung darauf geachtet werden, dass eine Formulierung klar ausdrückt, dass mit Rechtskraft der Scheidung oder auch schon  mit Vorliegen der Scheidungsvoraussetzungen keine Wirksamkeit mehr vorhanden sein soll.

4. Was tue ich, wenn ich meinen getrennt lebenden Ehemann oder meine getrennt lebende Ehefrau sofort aus meinem Testament streichen will?

Wenn ich den Expartner oder die Expartnerin aus meinem Testament streichen will, kommt es darauf an, ob es sich um ein einseitiges Testament oder ein gemeinsames Testament handelt. Je nachdem sind die Vorgehensweisen unterschiedlich.

Einseitiges handschriftliches Testament

Ein einseitiges handschriftlich errichtetes Testament kann durch ein neues Testament widerrufen werden. Wenn in diesem neuen Testament lediglich drinsteht, dass das alte Testament nicht mehr gelten soll, spricht man von einem so genannten Widerrufstestament. Es muss nicht zwingend eine neue geänderte Erbeneinsetzung erfolgen.

Um ein handschriftlich eigenes Testament von seiner Geltung zu befreien, kann auch ein neues Testament errichtet werden, in dem etwas anderes testiert wird. Die Testierende oder der Testierende muss hierbei aufpassen, dass das vorangegangene Testament nur in den Teilen nicht mehr gilt, in dem das neuere Testament etwas anderes regelt. Wird ein Punkt nicht neu verfügt, so gilt noch die letztwillige Verfügung in dem vorangegangenen Testament.

Gerade bei umfangreichen Testamenten, in denen viele Menschen zum Vermächtnisnehmer oder Erbe bei Scheidung eingesetzt sind, muss auch ein neues abänderndes Testament diese ganzen Umstände berücksichtigen.

Viele Testierwillige nutzen inzwischen den Service der örtlichen Nachlassgerichte und geben ihr handschriftliches Testament dort in amtliche Verwahrung. Vom Nachlassgericht wird für die Verwahrung ein Hinterlegungsschein ausgestellt.

Mithilfe dieses Hinterlegungsscheins kann man ein Testament –dessen Wortlaut man abändern will- wieder aus der Verwahrung herausnehmen. Aber Achtung: Die Rücknahme aus dieser öffentlichen Verwahrung vernichtet nicht automatisch das handschriftliche Testament.

Das Testament gilt erst dann nicht mehr, wenn es in der Absicht vernichtet wurde, damit es nicht mehr gelten soll. Bzw. wenn ein Widerrufstestament erstellt wird. Also bitte das vom Gericht zurückgeholte handschriftliche Testament nicht in die Schublade legen und vergessen.

Alle diese Vorgehensweisen können auch schon kurz nach einer Trennung umgesetzt werden.

Gemeinsame handschriftliche Ehegattentestamente

Gemeinsame Ehegattentestamente -oft auch Berliner Testament genannt- waren lange Zeit groß in Mode. Nur Ehegatten und eingetragene Lebenspartner haben die Möglichkeit, gemeinsam handschriftlich ein Testament zu errichten.

In der Regel schreibt ein Ehegatte oder ein eingetragener Lebenspartner den Text vor und der andere Ehegatte oder Lebenspartner gibt durch seine/ihre Unterschrift und einen Zusatz zu verstehen, dass er oder sie mit dem Wortlaut einverstanden ist.

Oft handelt es sich um eine gegenseitige Erbeinsetzung der Ehegatten und eine Schlusserbeneinsetzung der gemeinsamen Kinder. Jeder Ehegatte kann auch einseitige Verfügungen treffen, z.B. einem Freund ein Vermächtnis in Form eines Kunstgegenstandes geben.

Eine gegenseitige Erbeinsetzung von Ehegatten ist eine so genannte wechselbezügliche Verfügung. Jeder lässt sich darauf nur ein, weil der andere eben das gleiche verspricht. Es ist ein Geben und Nehmen im Testament.

Von der einseitigen Verfügung kann sich jeder Testierende jederzeit lösen. Denn der andere Ehegatte ist davon nicht betroffen.

Will aber nur ein Ehegatte sich von einer wechselseitigen Verfügung lösen (z.B. von der gegenseitigen Erbeinsetzung nach der Trennung), so geht dies nicht durch ein handschriftliches eigenes Testament. Dem Ehegatten, der sich hiervon lösen will, bleibt nur eine notariell beurkundete Widerrufserklärung.

Der Notar wird diese Widerrufserklärung dem anderen Ehegatten zustellen. Man sollte darauf achten, dass die Zustellung durch einen Gerichtsvollzieher erfolgt, gerade wenn die Ehegatten noch unter einer gemeinsamen Adresse leben oder sehr zerstritten sind. Denn der Widerrufende muss den Zugang der notariellen Widerrufserklärung beweisen.

Wenn Sie weitere Fragen zum Thema Erbe bei Scheidung haben, dann rufen Sie mich gerne an unter 0221 / 27 78 27 53 oder schicken Sie mir eine Mail an info@kanzlei-huckert.de.

Was passiert mit dem nachehelichen Unterhalt, wenn der Unterhaltspflichtige verstirbt?

1. Tod des Unterhaltspflichtigen während der Trennungszeit und vor Einreichen des Scheidungsantrages.

Verstirbt der unterhaltspflichtige Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner während des Trennungsjahres und bevor einer der Ehegatten oder Lebenspartner beim zuständigen Familiengericht den Scheidungsantrag eingereicht hat (so genannte Rechtshängigkeit eines Scheidungsantrages), erlischt der Anspruch auf Trennungsunterhalt (§ 1360a Abs.3 i.V.m. § 1615 Abs.1 BGB).

Trennungsunterhalt wird bis zur Rechtskraft der Scheidung gezahlt; nachehelicher Unterhalt ab Rechtskraft der Scheidung. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass der überlebende Ehegatte erbrechtlich profitiert und somit finanziell abgesichert ist. Solange kein Scheidungsverfahren in der Welt ist, ist der getrennt lebende Ehegatte gesetzlicher Erbe des Verstorbenen gemäß § 1931 BGB. Ohne Scheidungsantrag ist der überlebende Ehepartner nicht geschieden, sondern verwitwet.

Beispiel: Frau Müller und Herr Müller leben seit 2 Monaten voneinander getrennt und Herr Müller zahlt an Frau Müller einen monatlichen Trennungsunterhalt i.H.v. 1.000,00 EUR. Herr Müller kommt bei einem Verkehrsunfall ums Leben. Einen Scheidungsantrag hat noch keiner der Eheleute beim zuständigen Familiengericht eingereicht. Das Ehepaar hat 2 Kinder. Die Ehegatten haben keinen Ehevertrag. Es existiert kein Testament.

Der verstorbene Herr Müller wird nach der gesetzlichen Erbfolge von Frau Müller als Ehegattin und seinen beiden Kindern beerbt. Frau Müller erhält die Hälfte des Nachlasses und jedes der Kinder ¼ des Nachlasses. Frau Müller erhält keinen Trennungsunterhalt mehr. Sie erhält Vermögen in Form der Erbschaft.

2. Tod des Unterhaltspflichtigen nach Einreichen eines Scheidungsantrages und vor Rechtskraft der Scheidung.

Hat ein Ehegatte oder ein eingetragener Lebenspartner den Scheidungsantrag bei Gericht rechtshängig gemacht und der andere Ehegatte oder Lebenspartner dem Scheidungsantrag zugestimmt bzw. einen eigenen Scheidungsantrag gestellt, so erlischt das gesetzliche Ehegattenerbrecht. Verstirbt ein Ehepartner, erbt der andere nichts.

benötigen sie eine beratung zum thema nacheherlicher unterhalt? rufen sie uns an: 0221 27 78 27 53.
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Verstirbt der Unterhaltspflichtige nach diesem Zeitpunkt, gelten für den überlebenden Ehepartner nicht mehr die Regeln des Trennungsunterhaltes, sondern des so genannten quasi-nachehelichen Unterhalts.

Die Eheleute oder eingetragene Lebenspartner sind zwar noch nicht geschieden. Aufgrund des Umstandes, dass eine Scheidung beim Familiengericht wohl erfolgreich wäre und in der Regel auch von beiden gewünscht ist, wird so getan, als sei die Scheidung schon erfolgt.

Insoweit gelten die Regelungen unter dem nachfolgenden Punkt 3.

Die hier gemachten Ausführungen gelten auch für die eingetragenen Lebenspartner und eingetragenen Lebenspartnerinnen nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG). Gemäß § 16 LPartG gilt die familienrechtliche Vorschrift des § 1586b BGB auch für den nachpartnerschaftlichen Unterhalt zwischen eingetragenen Lebenspartnern nach Aufhebung der eingetragenen Lebenspartnerschaft bzw.

Rechtshängigkeit des Aufhebungsantrages beim zuständigen Familiengericht. Erben von eingetragenen Lebenspartnern müssen demnach auch mit der Überleitung von nachpartnerschaftlichen Unterhaltsansprüchen rechnen.

3. Tod des Unterhaltspflichtigen nach Rechtskraft der Scheidung.

Eine Scheidung ist rechtskräftig, wenn keiner der Beteiligten des Scheidungsverfahrens ein Rechtsmittel eingelegt hat. Das Familiengericht bestätigt die Rechtskraft durch Anbringung eines Rechtskraftvermerks (ein Stempel mit Datum und Unterschrift) auf dem Scheidungsbeschluss.

a. Übergang des Unterhaltsanspruchs auf die Erben

Ist der nach Rechtskraft der Scheidung verstorbene geschiedene Ehegatte oder eingetragene Lebenspartner verpflichtet, nachehelichen Ehegattenunterhalt oder nachpartnerschaftlichen Unterhalt nach den Vorschriften der §§ 1570 ff BGB oder § 16 LPartG zu bezahlen, erlischt dieser Unterhaltsanspruch nicht mit seinem Tod.

Vielmehr geht der nacheheliche Ehegattenunterhaltsanspruch gemäß § 1586b BGB auf die Erben des Verstorbenen als Verpflichtung über. Es handelt sich um eine so genannte Nachlassverbindlichkeit der Erben. Ausnahme: schlagen die Erben des Verstorbenen die Erbschaft aus, so haben sie mit den Unterhaltsansprüchen des überlebenden geschiedenen Ehegatten nichts zu tun. Die Erben werden dann nicht unterhaltspflichtig.

Der Übergang als Nachlassverbindlichkeit gilt für Unterhaltsansprüche ab dem 1. des Monats, der auf den Tod des Unterhaltspflichtigen folgt. Der Unterhalt wird also nicht nach genauen Tagen berechnet, sondern immer nach vollen Monaten. Nachehelicher Unterhalt ist in der Regel auch monatlich im Voraus zu zahlen. Sollte der verstorbene geschiedene Ehegatte noch mit nachehelichem Unterhalt im Rückstand sein, so gelten für diese Rückstände eigene Regeln.

Der noch zu Lebzeiten des nun verstorbenen Ehegatten festgelegte –titulierte-  nacheheliche Unterhaltsbetrag bleibt in seiner Höhe bestehen. Er wird durch den Tod des Unterhaltspflichtigen nicht verringert. Er ist vom Erben -wie vormals von dem Verstorbenen- monatlich im Voraus als Geldbetrag an den Unterhaltsberechtigten zu zahlen.

b. Der Erbe kann seine Haftung beschränken

Die Erben des Verstorbenen sind durch diese Nachlassverbindlichkeit in nicht unerheblicher Höhe belastet. Die zivilrechtlichen Vorschriften schützen die Erben insoweit, als dass die Erben die Möglichkeit einer Haftungsbeschränkung haben. Der Erbe muss insgesamt an den Unterhaltsberechtigten nicht mehr bezahlen, der dem Berechtigten bei nicht geschiedener Ehe als  sog. kleiner Pflichtteil fiktiv zustünde.

Der geschiedene Unterhaltsberechtigte soll nicht mehr erhalten, als er gehabt hätte, wenn die Ehe anstatt durch die Scheidung durch den Tod beendet worden wäre. Um die Haftungsbeschränkung der Höhe nach zu ermitteln, tut man also so, als würde die Ehe noch bestehen.

Der kleine Pflichtteil ist rein rechnerisch die Hälfte vom gesetzlichen Erbteil. Dabei ist es unerheblich, in welchem Güterstand (z.B. Zugewinngemeinschaft oder Gütertrennung) die vormaligen Eheleute gelebt haben.

Beispiel: Frau Müller und Herr Müller sind rechtskräftig geschieden. Herr Müller zahlt aufgrund eines gerichtlichen Unterhaltstitels monatlichen nachehelichen Unterhalt i.H.v. 500,00 EUR an Frau Müller. Herr Müller stirbt nach Rechtskraft der Scheidung. Die geschiedenen Eheleute Müller haben 2 Kinder. Es gibt kein Testament.

Wäre die Ehe nicht geschieden worden, hätte Frau Müller Herrn Müller mit einer Quote von 50 % seines Nachlasses beerbt.  Diese Quote von 50 % besteht wiederum zu einer Hälfte aus dem gesetzlichen Erbteil (25 % des Nachlasses) und aus der anderen Hälfte aus dem erbrechtlichen Zugewinnausgleich (weitere 25 % des Nachlasses).

Für die Haftungsbeschränkung ist nur der gesetzliche Erbteil relevant. Nicht der erbrechtliche Zugewinnausgleich. Der gesetzliche Erbteil wird halbiert; das Ergebnis ist der sog. kleine Pflichtteil. Hier sind das 12,5 % vom Nachlass.

Die Erben von Herrn Müller sind der geschiedenen Ehefrau demnach zur Zahlung von übergeleitetem nachehelichem Unterhalt i.H.v. 12,5 % des Nachlasses des verstorbenen Herrn Müller verpflichtet. Ist dieser Betrag aufgebraucht, erhält Frau Müller keinen Unterhalt von den Erben mehr.

Vorsicht: In anderen Familienkonstellationen, z.B. bei kinderlosen Paaren variieren die Erbquoten und ändert sich damit die Höhe des kleinen Pflichtteils.

c. Einwendungen der Erben gegen den Unterhaltsanspruch

Der unterhaltspflichtige Erbe kann jedoch die Einwendungen gegen den Unterhaltsanspruch benutzen, die der verstorbene Erblasser auch gehabt hätte. D.h. er kann sich auf die Verwirkung des Unterhalts bzw. auf die Herabsetzung des nachehelichen Unterhaltes und die zeitliche Begrenzung berufen.

Beispiel: Lebt der überlebende und vom Erblasser geschiedene Ehegatte in einer neuen und stabilen Beziehung, kann der Erbe sich darauf berufen, dass der Unterhaltsanspruch des Berechtigten verwirkt ist. Verwirkung bedeutet, dass z.B. der neue zweite Ehegatte den Unterhalt übernehmen muss und dass der Berechtigte keinen Unterhaltsanspruch mehr gegen den Verstorbenen hat.

Ein Unterhaltsanspruch kann auch verwirkt sein, wenn der Unterhaltsberechtigte bewusst aus einer intakten Ehe ausgebrochen ist oder ein Verbrechen gegen seinen nun verstorbenen Ehepartner begangen hat.

4. Was passiert, wenn die Eheleute einen Erbverzicht oder ein Pflichtteilsverzicht erklärt haben?

Im Rahmen von Trennungs- und Scheidungsauseinandersetzungen wird in notariellen Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarungen nicht selten ein Erbverzicht oder ein Pflichtteilsverzicht gemäß § 2346 Abs. 1 oder Abs. 2 BGB erklärt. Damit wollen die in Trennung lebenden Ehegatten ausdrücken, dass keiner vom anderen mehr ein Erbrecht oder einen Pflichtteil verlangt.

Es ist im Unterhaltsrecht wie auch im Erbrecht derzeit sehr umstritten, ob ein Erbverzicht bzw. ein Pflichtteilsverzicht auch den Verzicht auf die Unterhaltsverpflichtung des Erben beinhaltet. Die herrschende Meinung geht davon aus, dass dies der Fall ist und der Erbe des Verstorbenen nicht mehr für die im Todeszeitpunkt bestehenden nachehelichen Unterhaltsverpflichtungen gemäß § 1586 b BGB haftet. Es wird aber auch die gegenteilige Meinung vertreten.

5. Was passiert bei einem nachehelichen Unterhaltsverzicht?

Haben die Ehegatten –in der Regel wechselseitig-  in einem Ehevertrag oder in einer Trennungs- und Scheidungsfolgenvereinbarungen auf nachehelichen Unterhalt verzichtet, so hat der Erbe Glück gehabt. Dieser Verzicht gilt auch für ihn und er haftet nicht für den nachehelichen Unterhalt. Denn der Unterhaltsberechtigte hat sein Recht durch die vertragliche Vereinbarung aufgegeben.

6. Was ist dem Erben zu raten, der auf Unterhaltszahlungen in Anspruch genommen wird?

Zunächst sollte der in Anspruch genommene Erbe prüfen, ob der Unterhaltsberechtigte eine titulierte nacheheliche Unterhaltsforderung hat, die nicht in der Höhe oder zeitlich begrenzt ist. Möglicherweise kann der Erbe sich mit Einwendungen wie Verwirkung durch eine neue bestehende Partnerschaft behelfen.

Wenn der Erblasser einen Ehevertrag oder einen Erbvertrag geschlossen hat, sollte dieser gesichtet werden im Hinblick auf einen Erb- und Pflichtteilsverzicht. Ebenso ist ein Notarvertrag darauf zu prüfen, ob der Berechtigte vielleicht nicht doch einen Unterhaltsverzicht abgegeben hat.

Möglicherweise hat der Verstorbene auch eine Unterhaltsabfindung gezahlt. Nicht selten heirateten Unterhaltsberechtigte auch wieder, so dass hierdurch der Unterhaltsanspruch erlischt.

7. Was ist dem Unterhaltsberechtigten zu raten, wenn der Unterhaltspflichtige verstirbt?

Der Unterhaltsberechtigte sollte sich zunächst einmal Kenntnis von der Identität des Erben beschaffen, soweit ihm diese nicht bekannt ist. Entsprechende Informationen erhält er häufig beim Nachlassgericht. Um abschätzen zu können, wie lange Unterhaltszahlungen fließen, sollte er wissen, wie hoch der fiktive Pflichtteil gewesen wäre, wäre die Ehe nicht geschieden worden.

Wenn der Unterhaltsberechtigte in Betracht zieht, erneut zu heiraten, sollte er sich überlegen, dass durch diese Heirat ein Unterhaltsanspruch in den allermeisten Fällen erlischt. Der Unterhaltsberechtigte kann vom Erben Auskunft über den Nachlass insoweit verlangen, als dass im Stande sein muss seinen fiktiven Pflichtteil zu berechnen.

Das Risiko des verheirateten Lottospielers

Nach der Veröffentlichung der aktuellen „Lottoentscheidung“ des Bundesgerichtshofs kann sich der Familienrechtsanwalt dazu hinreißen lassen, der Mandantschaft zu raten: Nehmen Sie nur in einer intakten Ehe am Glücksspiel teil – Sie könnten sonst in die Verlegenheit kommen, den Gewinn mit dem Exmann oder der Exfrau teilen zu müssen.

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Spaß beiseite - Den besagten Lottogewinner hat zwar das Losglück um rund eine halbe Million Euro reicher gemacht, die Tatsache, dass er nach der oben benannten Entscheidung rund die Hälfte davon an seine geschiedene Ehefrau abgeben muss, dürfte ihn wenig erfreut haben.

Der BGH hat entschieden, dass ein noch verheirateter, aber seit mehreren Jahren getrenntlebender Lottogewinner, den Gewinn als sein Vermögen im Rahmen des bei
der Scheidung durchzuführenden Zugewinnausgleichs mit der künftigen Ex-Ehefrau teilen muss. Er hat leider erst den Lottogewinn gezogen, und zeitlich hiernach die Scheidung eingereicht.

Das deutsche Scheidungsfolgenrecht ist vom sogenannten Halbteilungsgrundsatz geprägt. In der nachehelichen Vermögensauseinandersetzung wird bei jedem Ehegatten durch Abgleich des Anfangs- und Endvermögens der Vermögenszuwachs in der Ehezeit (d. h. vom Tag der Heirat bis zum Tag der Zustellung des Scheidungsantrages) festgestellt.

Der Ehepartner mit dem höheren Vermögenszuwachs hat die Differenz mit dem anderen Ehegatten zu teilen. So erhält jeder Ehepartner am Ende der Ehezeit genau die Hälfte vom gemeinsam in der Ehe erwirtschafteten Vermögen. Denn der Gesetzgeber geht pauschal davon aus, dass die Eheleute zu genau gleichen Anteilen entweder durch Erwerbsarbeit, Hausarbeit oder auch Kinderbetreuung der Ehe zugewirtschaftet haben.

Bei deren Beendigung soll nun beiden Eheleuten die gleiche Teilhabe am gemeinsam Erwirtschafteten - auch einem zufälligen Lottogewinn in der Ehezeit - zustehen.

Das gilt auch, wenn die Eheleute schon lange getrennt leben, aber noch keiner einen Scheidungsantrag eingereicht hat. Die lange Trennungszeit führt laut Ausführungen des Gerichts nicht dazu, dass der Lottogewinn alleine dem Ehemann und Lottospieler verbleibt.

Auch wenn der gewonnene Betrag nach einer langen Trennung in keiner Beziehung mehr zur Ehe steht, beispielsweise der Lottoschein nicht vom gemeinsamen ehelichen Geld bezahlt wurde.

Jeder Ehegatte (und Lottospieler) hat es – zumal nach langer Trennungszeit – selbst in der Hand, die Scheidung einzureichen oder einen sogenannten vorzeitigen Zugewinnausgleich zu verlangen. Denn alle Vermögenszuwächse, die hiernach anfallen, müssen nicht mehr mit dem Ehegatten geteilt werden.

Tipp für die Praxis:

Wer sein Vermögen generell nicht mit dem Ex-Ehegatten teilen will (sei er nun Lottospieler oder nicht), sollte einen Ehevertrag/Lebenspartnerschaftsvertrag abschließen und darin für den Fall der Scheidung Gütertrennung vereinbaren. Die Kosten für die Vertragsgestaltung machen sich oft nicht nur bei einem Lottogewinn bezahlt.

Pflegeanleitung für den zum Leben passenden Ehevertrag!

In Deutschland setzt sich die Kultur des Ehe- oder Lebenspartnerschaftsvertrags, die gerade im US-amerikanischen Raum seit Jahrzehnten in Gebrauch ist, zur Entspannung der Familien- und künftigen Scheidungssituation immer mehr durch. Der gut beratene und wohlformulierte Ehevertrag entspannt die Scheidungssituation in der Regel deutlich und ist daher fast jedem Heiratswilligen zu empfehlen.

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Einmal abgeschlossene Ehe- und Lebenspartnerschaftsverträge sind jedoch nicht zwingend für die Ewigkeit gemacht.

Ehegatten und Lebenspartner sollten vielmehr im Verlauf ihrer Beziehung regelmäßig überprüfen, ob der einst geschlossene Vertrag für die heutige Lebens- und Vermögenssituation noch passend ist.

Ehen und Lebenspartnerschaften entwickeln sich im Laufe der Zeit. Kinderlose Doppelverdiener-Ehen haben andere Ansprüche an einen Ehevertrag als Familien mit mehreren gemeinsamen Kindern oder Patchwork-Familien.

Eine Ehe durchläuft in ihrem Leben nicht selten alle diese Stadien.

Zu Beginn der Ehe ist die wirtschaftliche Verflechtung der Eheleute häufig gering bis nicht vorhanden, die Kinderbetreuung nicht notwendig, so dass beide Eheleute mit Hilfe einer vertraglich vereinbarten modifizierten Zugewinngemeinschaft, einem Verzicht auf den Versorgungsausgleich bzw. den Unterhalt eine mögliche Scheidung so wenig streitanfällig wie möglich gestalten können.

Im Laufe der Ehe kann eine unterhaltsverstärkende Vereinbarung zur Absicherung des nun kindesbetreuenden Ehegatten relevant werden. Wenn gemeinsam Vermögen erwirtschaftet worden ist, ist der Verzicht auf den Zugewinnausgleich steuerlich oft uninteressant. Der Ehevertrag eines älteren Ehepaares mit dann erwachsenen Kindern sollte auch erbschaftsteuerliche Aspekte beachten.

Daher ändert sich mit dem Laufe des Familienlebens auch der Anspruch an den Ehevertrag. Er muss individuell den unterschiedlichen Lebensphasen angepasst werden. Dabei ist die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu beachten, der eine allzu große Benachteiligung eines Ehepartners oder Lebenspartners in der Vertragsgestaltung zu verhindern sucht.

Ich rate dazu, den Ehe- und Lebenspartnerschaftsvertrag im Abstand von mehreren Jahren durchzulesen und zu überlegen, ob er noch dem aktuellen Beziehungsmodell entspricht. Spätestens, wenn sich die Einkommens- und Vermögensverhältnisse drastisch ändern, Kinder geboren werden oder einer der Partner beruflich selbständig wird, sollte der Vertrag überprüft werden.

Der Trennungshund

Die Herausgabe eines gemeinsamen Hundes an den getrenntlebenden Ehegatten erfolgt nach den Regeln des § 1361 a BGB über die Hausratsverteilung bei Getrenntleben.

Die getrennt lebenden Eheleute stritten um die Zuweisung bzw. die Herausgabe des Hundes Babsi, den sie in der Ehe gemeinsam gekauft, aber überwiegend mit dem Geld der Ehefrau bezahlt hatten. Beide hatten sich um den Hund gekümmert. Beim Auszug der Ehefrau hatte der Ehemann den Hund weggebracht, um eine Mitnahme des Hundes durch die Ehefrau zu verhindern.

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Keiner der getrennt lebenden Eheleute konnte das Alleineigentum am Hund beweisen, somit gilt der Hund für die Hausratsverteilung als gemeinsames Eigentum der Ehegatten.

Das Oberlandesgericht Stuttgart hat in seinem Beschluss vom 07.04.2014 (AZ: 18 UF 62/14) darauf hingewiesen, dass auf Tiere gemäß § 90 a Satz 3 BGB die für Sachen geltenden Vorschriften anzuwenden sind.

Damit richtet sich die Herausgabe und die Zuweisung eines Hundes an einen Ehegatten auch nach den Regeln über die Hausratsverteilung bei Getrenntleben.

Hausratsgegenstände sind demnach alle Sachen, die nach den Vermögens- und Lebensverhältnissen der Eheleute für die Wohn- und Haushaltsgemeinschaft oder für das Zusammenleben bestimmt sind. Diese Vorschrift ist auch auf Haustiere sinngemäß anzuwenden, wenn sie im gemeinsamen Haushalt gelebt haben.

Die Zuweisung erfolgt durch das Gericht - wie auch bei den Sachgegenständen - nach Billigkeitserwägungen, die sich danach orientieren, dass beiden Eheleute eine sinnvolle Teilhabe am Hausrat zusteht.

Da der Ehemann durch die Wegnahme des Hundes der Ehefrau eine gemeinsame Teilhabe an dem Hund nicht ermöglichen wollte; beide Eheleute zur Hundehaltung geeignet erschienen, wies das Oberlandesgericht letztendlich den Hund der Ehefrau zu.

Bei aller Tierliebe wird oft übersehen, dass bei der Zuteilung von Haustieren nicht die familienrechtlichen Vorschriften des Sorge - und Umgangsrechts für Kinder gelten.

Reduzierter Kindesunterhalt bei erweitertem Umgang

Der Bundesgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 12.03.2014 (AZ: XII ZB 234/13) entschieden, dass der vom barunterhaltspflichtige Vater zu leistende Kindesunterhalt herabgesetzt werden kann, wenn der Vater ein erweitertes Umgangsrecht mit dem minderjährigen Kind ausübt.

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Das Grundmodell des Kindesunterhalts sieht vor, dass einer der beiden Eltern das Kind betreut und versorgt und der andere Elternteil Kindesunterhalt bezahlt.

Gemäß § 1612 a BGB hat ein minderjähriges Kind gegen den Elternteil, in dessen Haushalt es nicht lebt, einen Anspruch auf Unterhaltsleistung.

Der Elternteil, bei dem es hingegen wohnt, erbringt seine Unterhaltsverpflichtung durch Betreuung und Versorgung als sogenannten Naturalunterhalt. Diese Unterhaltsverteilung ist unabhängig davon, ob das Kind am Wochenende Umgang hat bzw. wie das Sorgerecht ausgestaltet ist.

Im vorliegenden Fall hatte der Kindesvater jedoch erweiterten Umgang in Form von einem 2-wöchigen Rhythmus von Freitag bis Sonntag und darüber hinaus an zwei weiteren Tagen in der Woche.

Ansonsten lag die Betreuung schwerpunktmäßig auch nach der Auffassung des Bundesgerichtshofs noch bei der Mutter. Sie übernahm die wesentlichen organisatorischen Aufgaben, wie die Betreuung der außerschulischen Aktivitäten, den Kleiderkauf, etc.

Der Kindesvater ist weiterhin grundsätzlich barunterhaltsverpflichtet, ihm sind jedoch bei der Berechnung des Unterhaltes die höheren Aufwendungen durch das erweiterte Umgangsrecht in Abzug zu bringen. Denn seine Barleistungen während des Kindesumgangs haben eine Kostenersparnis für die Kindesmutter zur Folge.

Der Bundesgerichtshof wies ausdrücklich darauf hin, dass die konkreten Ausgaben und Einsparnisse im Einzelfall vorzutragen und auf ihre Angemessenheit zu überprüfen sind.

Ganz konkret wurde der Kindesunterhalt für den zahlenden Vater von 120 % auf 115 % des Mindestunterhaltes nach der Düsseldorfer Tabelle reduziert.

Elternunterhalt - Selbst genutze Immobilie bleibt bei der Bemessung des Altersvorsorgevermögens unberücksichtigt

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass der Wert einer angemessenen, selbst genutzten Immobilie bei der Bemessung des Altersvorsorgevermögens eines auf Elternunterhalt in Anspruch genommenen Kindes unberücksichtigt bleibt, weil ihm die Verwertung der Immobilie nicht zumutbar ist (BGH Beschluss vom 07.08.2013 - XII ZB 269/12).

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Damit hat der Bundesgerichtshof zum Einsatz des Vermögens eines unterhaltspflichtigen Kindes eine wegweisende Entscheidung zugunsten der eigenen Altersvorsorge des Kindes gegeben.

Grundsätzlich muss das zur Zahlung von Elternunterhalt verpflichtete Kind nicht nur sein laufendes Einkommen über einen monatlichen Freibetrag (seit dem 01.01.2013 € 1600,- für das nicht verheiratete/nicht verpartnerte Kind) hinaus einsetzen, sondern auch den Stamm seines Vermögens.

Ist der Vermögensstamm die eigene Altersvorsorge des Kindes, gelten Ausnahmen.

Um nicht selbst bei bei Renteneintritt in Armut zu fallen, darf das Kind neben der gesetzlichen Rentenversicherung weitere 5 Prozent seines Bruttoeinkommens monatlich in eine private Altersvorsorge investieren. Das hieraus im Laufes eines Erwerbslebens gebildete sog. Altersvorsorgevermögen steht nicht für den Elternunterhalt zur Verfügung.

Die selbstgenutzte angemessene eigene Immobilie wird nicht zum Altersvorsorgevermögen des Kindes hinzugerechnet, auch dann nicht, wenn das Kind sie als Altersversorgung für sich angeschafft hat. Damit darf der Elternunterhaltspflichtige sein Altersvorsorgevermögen UND eine selbstgenutzte angemessene Eigentumswohnung oder ein Haus vor den Zugriffen des Unterhaltsberechtigten (meist des Sozialamtes) schützen.

Das Schwiegerkind im Elternunterhalt

Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 05.02.2014 (Aktenzeichen XII ZB 25 / 13) die Mithaftung des besser verdienenden Schwiegerkindes für den Unterhalt des bedürftigen Schwiegervaters bestätigt.

Die verheiratete Tochter des sich im Pflegeheim befindlichen Elternteils wurde vom Sozialamt auf Rückzahlung von Sozialleistungen in Anspruch genommen.

Die Tochter verdiente mit rund 1.650,00 € netto pro Monat an für die Unterhaltsberechnung relevantem Einkommen deutlich weniger als ihr Ehemann mit rund 4.000,00 € netto monatlich.

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Tochter einen monatlichen Unterhaltbetrag von rund 470,00 € bezahlen muss. Bei der Berechnung wirkt es sich zu Lasten der Tochter aus, dass sie verheiratet ist, der Ehemann relativ gut verdient und nur wenige abzugsfähige Belastungen vorzuweisen hat.

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Wäre die Tochter alleinstehend, hätte sie einen Selbstbehalt in Höhe von monatlich 1.600,00 €.

Diesen Teil ihres Einkommens dürfte sie für den eigenen Lebensbedarf verbrauchen.

Lediglich dass darüber hinausgehende unterhaltsrechtlich relevante monatliche Nettoeinkommen stünde der Elternunterhaltsberechnung zur Verfügung und das auch nur zur Hälfte.

So wäre die Tochter nur mit einem relativ geringen Betrag in Höhe von vermutlich 25,00 € unterhaltspflichtig gewesen.

Bei einem verheirateten elternunterhaltspflichtigen Kind wird der Selbstbehalt für den Ehegatten zwar um monatlich 1.280,00 € erhöht, sodass ein Ehepaar insgesamt einen Selbstbehalt von 2.880,00 € monatlich hat, jedoch wird auch das Einkommen des Ehemannes teilweise angerechnet.

Der Bundesgerichtshof geht davon aus, dass die verheiratete Tochter im vorliegenden Fall in intakter Ehe einen eigenen Unterhaltsanspruch gegen den Ehemann hat und zudem über den Ehemann finanziell abgesichert ist. Daher kann sie von ihrem eigenen Einkommen mehr zur Verfügung stellen, als wenn sie alleinstehend wäre. Der Schwiegersohn zahlt aus seinem Erwerbseinkommen für die Pflegeheimkosten des Schwiegervaters mit.

Eine wichtige Regel im Elternunterhalt: Befassen Sie sich mit der Angelegenheit, bevor Ihre Mutter oder Ihr Vater pflegebedürftig geworden sind. Sobald die Sozialbehörden mit einer Aufforderung zur Auskunft über Ihr Einkommen an Sie herantreten (sog. Rechtswahrungsanzeige) sind Sie unterhaltsrechtlich in Ihrer freien Disposition über Ihr Einkommen und Vermögen eingeschränkt.

Ein kleiner Trost: Das Vermögen des Schwiegerkindes steht im Gegensatz zum Vermögen des eigenen Kindes nicht für den Elternunterhalt zur Verfügung!

Auch das verstoßene Kind zahlt Elternunterhalt

Ein Beispiel aus der Praxis

Im konkreten Fall hatte das 1953 geborene Kind in der Jugendzeit nur lose Kontakt mit dem von der Mutter getrenntlebenden Vater und nach Erreichen des Abiturs 1972 überhaupt keinen Kontakt mehr zum Vater. Der Vater enterbte den Sohn in seinem Testament und gedachte ihm nur den „strengsten Pflichtteil“ zu.

Im Testamentswortlaut führte er selbst aus, dass er mit seinem Sohn 27 Jahre keinen Kontakt mehr hatte. Die Stadt Bremen streckte die Kosten für den mehrjährigen Heimaufenthalt des Vaters vor und verlangte danach aus übergegangenem Recht teilweise Rückzahlung von dem ohn nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuches.

Wann kann der Unterhaltsanspruch reduziert werden bzw- entfällt er?

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Nach den gesetzlichen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) kann der Unterhaltsanspruch eines bedürftigen Elternteils auf eine niedrigere Billigkeitsgrenze reduziert werden, wenn der Elternteil entweder durch eigenes Verschulden bedürftig geworden ist, die eigene Unterhaltspflicht gegen dem vormalig minderjährigen Kind gröblich vernachlässigt oder sich einer vorsätzlichen schweren Verfehlung gegenüber dem Kind oder einem anderen Angehörigen schuldig gemacht hat.

Die Verpflichtung zur Zahlung von Elternunterhalt fällt komplett weg, wenn die Zahlung dem verpflichteten Kind aufgrund der Schwere der Verfehlung garnicht zuzumuten wäre.

Der Bundesgerichtshof kommt in seiner Entscheidung zu dem Schluss, dass der von dem Vater ausgehende Kontaktabbruch zwar eine Verfehlung im Eltern-Kind-Verhältnis darstellt, da der Vater seine Pflicht zu Beistand und Rücksicht verletzt hat.

Weiterhin seien dem Vater aber keine schweren Verfehlungen nachweisbar, da er sich in den ersten 18 Lebensjahren seines Sohnes um diesen gekümmert habe. Damit hat er seiner Elternpflicht im Wesentlichen genügt. Der Testamentswortlaut sei unerheblich, da jedem, auch dem Vater, ein Recht auf Testierfreiheit zustünde.

Kinder sollten ihre Rechte kennen

Nach dieser BGH-Entscheidung müssen also auch Erwachsene dann für die Pflegekosten ihrer Eltern aufkommen, wenn Vater oder Mutter den Kontakt zu ihren Kindern schon vor Jahrzehnten abgebrochen haben. Umso wichtiger ist es für die belasteten Kinder, ihre Rechte als Unterhaltspflichtige zu kennen und zu wissen, wie sie ihr Vermögen idealerweise anlegen, um es vor dem Zugriff zu schützen.

Denn zumindest das verheiratete/verpartnerte Kind muss mit der Belastung für zwei, wenn nicht sogar vier Risikofälle rechnen, die auf seinen Familienhaushalt zukommen. Denn es handelt sich oft nicht nur um die eigenen Eltern, sondern auch um die Schwiegereltern, die pflegebedürftig werden.

Da viele Eltern ihren Lebensabend im kostenintensiven Pflegeheim verbringen, ist es von Vorteil, frühzeitig zu wissen, was finanziell auf die Kinder zukommt.

Es ist wichtig zu wissen, dass das Sozialamt nicht auf der Seite der unterhaltspflichtigen Kinder steht; vielmehr macht das Sozialamt den Anspruch für den Elternteil geltend und fordert die verauslagten Heimkosten zurück.

Mit den Fragebögen des Sozialamtes zur Auskunftserteilung über das Einkommen oder das Vermögen sollte sich das Kind somit an eine andere Stelle, beispielsweise an einen Fachanwalt für Familienrecht, wenden und dort um Rat nachsuchen.

Welches Vermögen wird berücksichtigt?

Unbedingt sollten in der Elternunterhaltsberechnung private Belastungen des erwachsenen Kindes, wie Darlehen, Rücklagen für die Instandsetzung einer Immobilie, der Altersvorsorgeunterhalt oder Ansparungen für die Ausbildung, berücksichtigt werden.

Gerade bei dem Altersschonvermögen kann je nach Lebensalter und Einkommen des erwachsenen Kindes ein größerer Betrag vor dem Zugriff der Sozialbehörden geschützt werden.

Darlehensraten für eine Immobilie sind in vollem Umfange absetzbar, so dass Immobilienkredite nicht vorzeitig, beispielsweise durch Lebensversicherungen, abgelöst werden sollten. Notwendige Aufwendungen für den eigenen Lebensunterhalt und den des Ehegatten und der eigenen Kinder werden vorrangig berücksichtigt.

Elternunterhaltsberechnungen der Sozialbehörden sollten immer auf Richtigkeit hin überprüften werden. Wenn Kinder die Inanspruchnahme fürchten, kann bereits vor Einzug der Eltern ins Pflegeheim mit geeigneten Maßnahmen das Einkommen und Vermögen der Kinder in zugriffsfreie Bereiche umgeschichtet werden.

Sprechen Sie mich in dieser Sache rechtzeitig an. Wenn sich der Bescheid des Sozialamtes in der Post befindet, ist es oft zu spät.